Fokus Qualität
Interview mit Philipp Meier, Leiter Qualitätsmanagement

Kreislauf der Verbesserung: Qualitätsmanagement im Südhang
Philipp Meier, du bist Leiter des Qualitätsmanagements der Klinik Südhang. Was hat Qualität für eine Bedeutung in der Organisation?
Eine zentrale: Der Schwerpunkt des Qualitätsmanagements liegt auf der gezielten und konsequenten Ausrichtung von Angebot und Prozessen auf die Bedürfnisse der Patient*innen, zuweisender Stellen sowie Partnerorganisationen. Dabei dient uns der PDCA-Zyklus als Regelkreis zur kontinuierlichen Verbesserung unserer Angebote sowie zur fachlichen Entwicklung.
Wofür steht PDCA?
Der PDCA-Zyklus ist ein universelles Modell zur Optimierung des Qualitätsmanagements und beschreibt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Seinen Namen hat er von den Anfangsbuchstaben seiner vier Phasen: «Plan» für Planen: ein Problem wird analysiert und eine Massnahme geplant, «Do» für Umsetzen: die Massnahme wird im kleinen Rahmen umgesetzt, «Check» für Überprüfen: die Ergebnisse werden auswertet und «Act» für Handeln: hat sich die Massnahme bewährt, wird sie übernommen und eingeführt, wenn nicht, wird die Massnahme angepasst und der Zyklus erneut gestartet.
Kannst du uns den Zyklus anhand eines konkreten Beispiels aufzeigen?
Gerne. In der letzten Mitarbeitendenbefragung wurde deutlich, dass unser Fort- und Weiterbildungsangebot nicht immer den Bedürfnissen unserer Mitarbeitenden entsprochen hatte. Also hat sich die Geschäftsleitung zum Ziel gesetzt, dies zu verbessern («Plan»). Eine Arbeitsgruppe erhielt den Auftrag, ein Weiterbildungsreglement zu entwickeln – «Do». Das Reglement wurde Ende 2024 verabschiedet und per 2025 in Kraft gesetzt. Der «Check» folgt dann im Jahr 2026 bei der nächsten Mitarbeitendenbefragung. Da werden wir sehen, wie wir handeln («Act») müssen – das Weiterbildungsreglement weiterführen oder erneut anpassen.
Arbeiten alle Mitarbeitenden nach diesem Vorgehen?
Die Implementierung und konsequente Anwendung des PDCA-Zyklus in der gesamten Organisation ist eine kontinuierliche Aufgabe. Zur Unterstützung dieses systematischen Vorgehens wurden in verschiedenen Bereichen gezielte Instrumente eingeführt. Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wird beispielsweise mit Kaizen-Boards ermöglicht. Die Prozessleistungen werden anhand von Kennzahlen gemessen und die Prozessverantwortlichen treffen sich regelmässig im Prozessforum, um Weiterentwicklungen zu diskutieren. Zudem unterliegt die Klinik internen und externen Audits, die die Einhaltung des PDCA-Zyklus erfordern.
Wo siehst du Herausforderungen?
Eine stetige Herausforderung sehe ich darin, den PDCA-Zyklus konsequent bis zum Ende zu denken und zu leben. Dies sicherzustellen, ist auch die Aufgabe des Qualitätsmanagementsystems.
Was steht in nächster Zeit im Qualitätsmanagement an?
Ich freue mich auf das nächste Halbjahresreporting unseres Clinical Data Management. Dieses gibt zum Beispiel Auskunft darüber, ob die Lebensqualität der Patient*innen auch drei Monate nach Therapieabschluss noch höher ist als vor der Therapie. Das Clinical Data Management wächst von Jahr zu Jahr durch Daten aus verschiedenen Quellen wie strukturierten Eintritts- und Austrittsassessments und Nachbefragungen unserer Patient*innen. Je umfangreicher die Datenlage, desto grösser das Potenzial, die fachliche Weiterentwicklung auch datenbasiert zu unterstützen und unser Angebot noch besser auf die Patient*innen auszurichten.
Klinik Südhang - eine lernende Organisation
Instrumente zur kontinuierlichen Verbesserung
Die Klinik Südhang versteht sich als lernende Organisation mit einem hohen Qualitätsanspruch. Für ihre kontinuierliche Verbesserung nutzt sie nebst dem PDCA-Zyklus weitere Instrumente.

Jede Woche findet ein Anlass zur Begrüssung und Verabschiedung der stationären Patient*innen statt, moderiert von einem Geschäftsleitungsmitglied. Die austretenden Patient*innen blicken auf ihre Behandlung zurück und reflektieren, was ihnen besonders hilfreich erschien und wo sie Verbesserungspotenzial sehen. Das Qualitätsmanagement nimmt die Rückmeldungen zur Bearbeitung auf. Die neu eintretenden Patient*innen erhalten einen Einblick in das Behandlungsangebot und können Fragen stellen.

Wie nachhaltig ein Behandlungserfolg ist, zeigt sich nach Abschluss der Therapie. Alle Patient*innen in stationärer Behandlung werden daher beim Eintritt, Austritt sowie ein und drei Monate nach Therapieabschluss zu ihrer Lebensqualität und zum Konsumverhalten befragt. Diese kontinuierlich erhobenen Daten liefern wichtige Rückmeldungen zu Behandlungsprozessen und geben Impulse zur Weiterentwicklung der Angebote.

Ein niederschwelliges, aber sehr effektives Instrument ist das Kaizen Board. KAI bedeutet «Veränderung» und ZEN «zum Besseren». In der Klinik Südhang wird aktuell mit zwei Kaizen Boards gearbeitet - in der allgemeinen Prozessverbesserung, und in der Pflege. Die Mitarbeitenden sind eingeladen, Verbesserungsvorschläge zu Prozessen in ihrem Arbeitsalltag zu machen. Diese werden vom Team diskutiert, priorisiert und zur Umsetzung der für den Prozess verantwortlichen Person zugeteilt.
Fachliche Entwicklung

Das Behandlungsprogramm «Mensch und Sucht» unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung, so auch die Sport- und Bewegungs-therapie. In den letzten Jahren wurde zudem eine zunehmende Heterogenität in der Patient*innenstruktur festgestellt - z.B. bzgl. Alter - sowie ein Anstieg an Komorbiditäten wie chronische Erkrankungen, Schmerzen oder Folgen körperlicher Inaktivität. Diese Entwicklungen stellen erweiterte Anforderungen an das Angebot.
So bietet der Südhang seit 2024 auch die Medizinische Trainingstherapie an, ein gezieltes körperliches Training unter trainingstherapeutischer Aufsicht. Die Behandlung kann ärztlich verordnet werden und ermöglicht es, in Kleingruppen gezielt auf die Bedürfnisse der Patient*innen einzugehen und individuelle Trainingspläne zu erstellen, die idealerweise auch nach dem Austritt weitergeführt werden können.

Die Idee ist, dass die Zeit zwischen den Therapiesitzungen mit Online-Aktivitäten genutzt wird und sich die Patient*innen stets begleitet fühlen. Die Online-Aktivitäten wie z.B. Entspannungsübungen oder Wissens-vermittlung können auf einem Smartphone oder Tablet/PC eigenständig durchgeführt werden.
Die ersten Erfahrungen nach der Pilotphase im Ambulatorium Bern sind mehrheitlich positiv. Der Nutzen für die Patient*innen und Psycho-therapeut*innen wird als hoch erachtet. Gewünscht werden u.a. noch mehr interaktive sowie spezifischere Inhalte für Menschen mit Suchterkrankungen, was ab Sommer 2025 geplant ist. Diese und weitere Erkenntnisse fliessen nun in ein Folgeprojekt, das dann zur Anwendung von YLAH in allen Südhang Ambulatorien führen soll.

Alkoholkonsumstörungen verursachen mehr körperliche, psychische und soziale Schäden als jede andere illegale Droge. Die vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Studie untersucht, ob LSD-unterstützte Psychotherapie eine sichere und wirksame Behandlungsmethode für Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit darstellt. Ein besonderes Augenmerk liegt zusätzlich auf der Frage, ob LSD langfristige neuroplastische Veränderungen induzieren kann, die mit einer nachhaltigen Verbesserung des Krankheitsverlaufs und der Rückfallprophylaxe einhergehen.
Die Studie wurde von Leila Soravia, stv. Chefpsychologin der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie (UPD) Bern und Verantwortliche für die Forschung in der Klinik Südhang gemeinsam mit Felix Müller, Leiter des klinischen Forschungsbereiches für substanzgestützte Therapie der Psychiatrischen Universitären Kliniken (UPK) Basel und Tobias Bracht, Leiter des Kompetenzzentrums für Interventionelle Psychiatrie und augmentierte Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie (UPD)Bern beim Schweizerischen Nationalfonds eingereicht und gutgeheissen.